Einem Zufall war es zu verdanken, dass der Handharmonika Spielring nach zweijähriger Pause einen neuen musikalischen Leiter fand. Durch reparaturbedürftige Instrumente kamen die Musiker des Vereins mit dem Musikhaus Wilms in Frankfurt in Kontakt. Der Inhaber wusste von einem Akkordeonlehrer in der Stadt, der auf der Suche nach weiteren Schülern war. Valentin Lampert, der damalige Vorsitzende, kam mit dem Trossinger Absolventen Dieter Reisner ins Gespräch und lud ihn sogleich nach Langen ein.
Hier stand er vor einem kleinen Häuflein Musikanten. Die Brüder Egon und Dieter Mannagottera, Hans Maninger, Helmut Rehm (Handharmonika) und Heinz Schenko (Akkordeon) brannten darauf, unter fachkundiger Unterweisung weiter musizieren zu können.
Alle anderen Kameraden hatten zwischenzeitlich das Musizieren aufgegeben. Verantwortlich für den Mitgliederschwund war vor allem eine Neu- entwicklung im Instrumentenbau der Firma Hohner in den 1950er Jahren: sie baute das Piano- Akkordeon, ein Instrument, das umfang- reichere technische und vielfältigere musikalische Möglichkeiten bot als die herkömmliche Handharmonika.
Doch Dieter Reisner schaffte es in mühevoller Arbeit, ein gutes Orchester zu formieren, welches am 16. November 1968 im Saalbau „Zum Lämmchen“ (Schafgasse) sein erstes Konzert gab. Weitere Konzerte folgten und brachten wieder neue, junge Musiker zum Handharmonika Spielring.
Die Verjüngung der Aktiven, der Wechsel von der Handharmonika zum Akkordeon sowie die frischen Ideen des musikalischen Leiters führten zwangsläufig auch zur Modernisierung des musikalischen Repertoires. Standen in der Vergangenheitvorwiegend volkstümliche Stücke auf dem Programm, gesellten sich nach und nach auch konzertante Werke, Operetten und beschwingte Unterhaltungsmusik dazu. Reisner vollbrachte diesen Spagat, ohne die älteren Mitglieder zu verprellen und trotzdem die jüngeren bei der Stange zu halten.
Bereits beim Frühjahrskonzert 1973 saßen 45 Musiker verteilt auf zwei Orchester auf der Bühne: das 1. Orchester umfasste 25 Mitglieder im Alter von 11 bis 35 Jahren, von denen ein Teil bereits seit langem mitwirkte. Im 2. Orchester waren 20 Mädchen und Jungen zusammengefasst, die als Nachwuchs galten und später einmal in die erste Garnitur hineinwachsen sollten.
Im Zuge dieser Modernisierung wurde der Verein im Jahre 1966 in Harmonika-Spielring 1937 Langen umbenannt.
Zwei wichtige Ereignisse bescherten dem Harmonika Spielring in den 1970er Jahren weitere Erfolge und großen Zulauf an Mitgliedern.
Am Pfingstwochenende 1971 wurde die Drei- städtepartnerschaft zwischen Langen, Long-Eaton (England) und Romorantin (Frankreich) feierlich besiegelt und die freundschaftliche Beziehung untereinander vertieft, getragen von dem Leit- gedanken „das ganze friedliche Europa soll es sein“.
Aus diesem Anlass unternahm der Spielring 1973 eine Konzertreise nach Romorantin. Im Verlauf dieser Reise lernten die Harmonikaner Herrn André Jamet, den Präsidenten des Akkordeonvereins aus St.-Pierre-des-Corps, kennen. Seit diesen ersten Kontakten entwickelte sich rasch eine bis heute andauernde Freundschaft beider Orchester, die sich auch über die Musik hinaus erstreckt. So besuchen sich die Orchester abwechselnd alle zwei Jahre. Den Höhepunkt dieser Begegnungen bildete in der Vergangenheit und noch heute jeweils ein großes Gemeinschaftskonzert. Viele private Freundschaften sind über die Musik hinaus zwischen den Familien beider Seiten entstanden.
Zum anderen machte sich die enge Freundschaft zwischen Dieter Reisner und Heinz Röhrig, Chordirektor beim Männerchor Liederkranz 1838, bezahlt. Pläne von gemeinsamen Auftritten wurden geschmiedet, Reisner schrieb eigene Arrangements für Chor und Orchester. Beide Vereine luden am 7. Dezember 1974 zum ersten Gemeinschaftskonzert in die neue Stadthalle und ernteten vor ausverkauftem Haus langanhaltenden Beifall. Der neue Weg der Konzertgestaltung machte deutlich, dass der Musik keine Grenzen gesetzt sind und der Gedanke, dem Publikum neue Klangvariationen zu bieten, erwies sich als gelungen. Zahlreiche weitere gemeinsame Konzertdarbietungen folgten bis weit in die 1980er Jahre.
Mittlerweile stieg die Mitgliederzahl so stark an, dass drei Orchester eingerichtet werden konnten. 1977 – zum Zeitpunkt des 40-jährigen Bestehens – zählte der Harmonika Spielring 120 Mitglieder, darunter 60 Aktive.
Neben der Orchesterarbeit wurde großer Wert auf eine fundierte musikalische Ausbildung gelegt, wie es seinerzeit durch die Gründerväter erklärt worden war.
Neben den jährlich stattfindenden großen Konzerten spielten die verschiedenen Engagements u.a. bei Langener Vereinen und bei der Stadt eine wichtige Rolle im Vereinsleben.
Stellvertretend für die zahlreichen Veranstaltungen, zu denen die Orchester des Spielrings eingeladen wurden, seien die folgenden genannt:
• Heimatabend der SSG-Fußballer (1970)
• Adventsspiel im Jakob-Heil-Heim (1976)
• Tag der Nationen (1978 / Jubiläum des 1. FC Langen)
Die Idee der gemeinsamen Konzerte wurde auch von vielen anderen Musikvereinen begrüßt. Bald regten deren Vorstände an, einen Arbeitskreis musiktreibender Vereine zu gründen. Veranstaltungen bündeln, Beziehungen untereinander ausbauen und die musikalische Präsentation in Langen stärken, dies waren die erklärten Ziele, die auch die Stadt Langen mit unterstützte. So entstand von Beginn der 1980er Jahre die Reihe der Gemeinschaftskonzerte in der hiesigen Stadthalle. Mit von der Partie waren neben dem Harmonika Spielring der Männerchor Liederkranz, der Gesang- verein Frohsinn und der Orchesterverein Langen- Egelsbach. Später gesellten sich noch weitere Vereine dazu.
Auch die Kontakte zu den Langener Kirchengemeinden intensivierte der Arbeitskreis. Im Jahre 1983 gestaltete der Harmonika Spielring erstmals das „offene Singen“, zu dem die Stadtkirchengemeinde in Verbindung mit dem Weihnachtsmarkt einlud.
Anfang der 1980er Jahre ging die Anzahl der ganz jungen Mitglieder immer weiter zurück, Neuanmeldungen gab es nahezu keine mehr, das 3. Orchester wurde aufgelöst. Das Akkordeon war nicht mehr in Mode, die junge Generation hatte andere Freizeitinteressen entwickelt. Werbeaktionen in der örtlichen Presse brachten leider nicht den gewünschten Erfolg.
Seine Attraktivität unter den verbliebenen jugendlichen Mitgliedern verdankte der Spielring auch seiner regen gesellschaftlichen Tätigkeit. Besonders beliebt waren die regelmäßig stattfindenden Grillparties, aber auch die alljährliche Faschingsfete, verschiedene Filmvorträge, Busausflüge und die Teilnahme bei der Ebbelwoistaffel erfreuten sich großer Beliebtheit.
Besonderen Kontakt zu der Vereinsleitung stellten die beiden Orchestersprecher Beate Horch und Bernhard Heckel her. Über sie bestand eine hervorragende Zusmmenarbeit mit allen Mitgliedern.
Auch die Idee des jungen 2. Vorsitzenden Ingo Hamm, eine Vereinszeitung herauszugeben, wurde gerne angenommen. Viermal jährlich erschien „Der Akkordeonspieler“ mit Beiträgen von den Mitgliedern. Erstellung und Produktion erfolgte durch ein eigenes Redaktionsteam auf seiten der Orchestermitglieder.
Die Proben fanden mittlerweile montags und freitags in den Räumen der Wallschule (Pestalozzi-Straße) statt. Später probte das 1. Orchester wechselweise sonntags vormittags im Siedlerheim (Joseph-v-Eichendorff-Straße).
Für seine 20-jährige Tätigkeit als Orchesterleiter würdigten Vorstand und die Mitglieder beider Orchester ihren Dirigenten Dieter Reisner im Rahmen einer Feierstunde im Juni 1986 im Saal „Zum Lämmchen“. Im Anschluss an einen Sektumtrunk und die Gratulationen überraschten einige Spieler mit einer kleinen Auswahl aus dem Orchester-Repertoire. Der 1. Vorsitzende Willi Rodner würdigte die Arbeit Reisners, unter dessen Leitung beide Orchester ein hohes spielerisches Niveau erreicht hatten.
Im November 1986 legte Reisner sein Amt als Dirigent aus persönlichen Gründen nieder.